Beim Singen ist letztlich natürlich der gesamte Körper das Instrument, aber es gibt doch anatomische Strukturen, die eine herausragendere Rolle spielen:
Gemäß der Analogie Stimme - Stimmung drücken sich hier viele emotionale Befindlichkeiten auf körperlicher Ebene aus:
Stress, Probleme werden nachts mit knirschenden Zähnen durchgekaut, Gaumen und Rachenwand ziehen sich zusammen, wenn der Trauerklos sich bemerkbar macht, Angst und Anspannung sitzen im verspannten Nacken usw., aber auch Öffnung, Weitung sind hier zu erleben bei befreiendem Durchatmen oder herzhaftem, offenem Lachen oder Gähnen.
Diese anatomischen Gebilde als Gesamtes haben sowohl auf physischer als auch auf psychischer Ebene eine gewisse Schutzfunktion: mache ich z.B. den Mund / Kiefer weit auf und es fliegt etwas hinein, geht es sofort um Leben und Tod... Die Komponenten dieses Schutzwalles sind "nerventechnisch" im Gehirn so miteinander verdrahtet, dass bei Gefahr quasi ein "Hauptschalter" reicht: "Achtung, Gefahr!" und schon zieht sich alles zusammen und macht dicht.
Diese Schutzhaltung steht natürlich der freien Klangentfaltung, dem freien Singen diametral entgegen. Und somit besteht der Stimmbildungsprozess im Grunde darin, diese Schutzmechanis- men im Laufe der Zeit "gen 0 zu fahren".
Durch die Beschäftigung mit der Stimme, mit den Schutzmechanismen macht man sich zum einen allmählich schutzlos, zum andern wird man im Verlauf dieser "Arbeit" mit der eigenen Stimme so vertraut und im Umgang mit ihr so selbstsicher, daß man des Schutzes garnicht mehr bedarf (zumindest nicht mehr in dem ursprünglichen Umfang ;-) )
Dieser Prozess lässt sich mit folgendem Bild umschreiben:
Eine Art Atrium mit den Türen "Kiefer", "Zunge", "Rachen", "Gaumen", "Nacken-Schulterpartie":
Mit geeigneten Übungen wird versucht, die entsprechenden Türen etwas zu öffnen. Erfahrungsgemäß ist es anfangs oft so, dass sich eine Tür öffnet, kompensatorisch haut es dafür eine andere erst mal zu ... und so arbeitet man sich von Tür zu Tür mit dem Ziel, dass letztlich alle nachgeben, sich öffnen und schließlich offen bleiben.
Dabei erlebt man, dass man sich auf diese Schutzmechanismen wirklich verlassen kann ;-) , die sind "sehr auf Zack". Es kann auch sein, dass die Stimme mal anfängt zu wackeln, zu eiern, es einem etwas schwindlig wird o.ä. Dies ist eigentlich ein gutes Zeichen und geschieht immer dann, wenn ein altes muskuläres Muster sich löst, das neue aber noch nicht etabliert ist. Daraus ergibt sich ein gewisses "chaotisches Durchgangsstadium", das aber höchsten für die Dauer von 3,4-mal-diese-Übung-singen anhält.
Wenn man dieses "Glatteisgefühl" "mutig aushält", folgt die "Belohnung" in der Form, dass es leichter, freier, müheloser etc. geht. Dies ist dann wiederum eine Art Suchtfaktor : man merkt, es passiert doch nichts "Schlimmes", im Gegenteil, und davon möchte man mehr ... :-)
Ein weiterer wichtiger Baustein im Unterricht ist die Beschäftigung mit und das Wissen um die sogenannte Doppelventilfunktion des Kehlkopfs.
Hier widerspiegelt sich der persönliche Umgang mit dem Leben bezgl. der Themen:
Spannung - Entspannung / Miteinander - Gegeneinander / Kooperation - Konkurrenz / unter Druck sein - im Fluss sein / Verschlossen - Aufgeschlossen
Detailliertere Informationen physiologischer und physikalischer Art :
http://rabine-institut.de/methode/methode/die-doppelventilfunktion/